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Yevgeniy Breyger. Frieden ohne Krieg. Gedichte

Yevgeniy Breyger. Frieden ohne Krieg. Gedichte

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DAS BUCH

Der Gedichtband „Frieden ohne Krieg“ von Yevgeniy Breyger beginnt mit einem tagebuchartigen erzählenden Langgedicht in einfacher mündlicher Sprache, das die Geschichte seiner jüdischen Familie während des Holocausts bis hin zur Flucht aus der Ukraine nach beginn des russischen Angriffskriegs beschreibt. Dieses und die folgenden zahlreichen Erzählepisoden verbinden dabei stets aktuellste Ereignisse aus dem Krieg mit unmittelbaren Erfahrungen des Dichters und seiner Familie, die damit in Kontext gesetzt werden. Die Gedichte sind hochgradig emotional, privat und autobiographisch. Es entsteht der Eindruck eines nicht-fiktionalen persönlichen Kriegsjournals, einschließlich der Auseinandersetzung mit den zwei Muttersprachen Deutsch und Russisch, die der hadernde Dichter als russischsprachiger ukrainischer Jude nun als kontaminiert begreift, um im letzten Gedicht doch einen Ausblick auf die Möglichkeit von Glück, Frieden und dem Entwachsen von Neuem aus Altem zu bieten. Folgerichtig schließen sich an diesen etwa 50-Seitigen-Zyklus zwei weitere Teile an – eine wieder klassisch gedichthafte leise und feine Auseinandersetzung mit der Tatsache, das Ukrainische Mütter während des Kriegs in die Idee entwickeln, Kontaktadressen auf die Rücken ihrer Kinder zu schreiben, sollten sie selbst im Zuge der Angriffe umkommen, um den Kindern ein Weiterleben zu ermöglichen; sowie ein dreisprachiges Langgedicht, zu gleichen Teilen Deutsch, Russisch und Englisch, das Verbindungen zu T.S. Eliots „The Waste Land“ herstellt und Parallelen zu den Ereignissen aufzeigt die 2022 inzwischen ihr 100-jähriges Jubiläum fristen und damals zu Faschismus, Krieg und Massenmord geführt haben. Bei aller Verzweiflung dieser Gedichte, scheint jedoch stets Ergriffenheit und damit Hoffnung aus ihnen hindurch. „Frieden ohne Krieg“ ist ein tröstendes aktuelles Werk, eines, das in diesen Zeiten dringend gebraucht wird.

STIMMEN ZU YEVGENIY BREYGER

Die Kunst von Yevgeniy Breyger liegt in der Körperlichkeit seiner Gedichte und wie sie sich durch die Sprachregister, die er zieht, vermittelt.
‒ Insa Wilke, Die ZEIT

Breygers Lyrik bewegt sich zwischen zwei Ichs: Eines ist durch erlebte Gewalt der Vergangenheit traumatisiert, das andere ist kreativ und spielerisch.
‒ Frank Hertweck, SWR

Breygers Sprache ist von Zärtlichkeit geprägt, sie ist auch zärtlich gegenüber furchterregenden Inhalten.
‒ Verena Stauffer, Triëdere

 

LESEPROBE

riechst du den plastikodem der toten? hörst
die gespräche zwischen armen wie ästen, fingern wie zweigen
die gebärden der knochenbrüche, wie sie sich im kern zieren
als abbildungen des EINEN g’ttes, des EINEN ‘traumas
oh, aber ja, aber natürlich lieber gott, oh du lieber knochengott, knochen-
sprung, musik aus den eingeweiden, die ganz lang vermissten
die aus dem gedächtnis auftauchen wie meerscharben, tonmenschen
mit den wörtern der sprache gesprochen – bitte den abgott
für dich wache zu halten, wenn du durchschnaufst
einen kurzen AUGENblick nicht aufgepasst und ich
verbrenn auf der matratze, doch es kann auch anders
kann sich ausgehn und plötzlich entspringt ein werk
stumpf wie der blick eines funktionärs, und DOCH
werk… (kleinste je gedachte idee)
nur einmal vorgestellt: der präsident steht im loch
dechiffriert aus dem loch GRAUSAMKEIT als NOT-
wendigkeit und deine wangen glühen und kaimane

 

brennen ihre schuppenschwänze in sandbänke
wo sich alles verbraucht, zerfällt zu schmutzpartikeln und jemand
kichert neben dir, heute sei sein geburtstag
es ist der sechste tag der schöpfung, ich bin nachsichtig
schreib wie gehts im chat an die eltern. momentchen
momentchen? ich würd am liebsten eine rede damit anfangen
dass ich sag, wohin ich geh, aber ich kehre wie jeder mensch bloß ein
krummbeinig und seltsam
nimm mich, g'tt, meine augenblicke sind lang wie 1000 züge
zieh mich, g'tt aus der misere
pflastre die pfade meiner liebsten mit sucht und substituten
schneid dir das dritte auge ein mit nem schweizer messer
LIEBER g'ott, oh g'ott, aus schlamm sei dein hirn
damit du mich verstehst
damit du meine liebsten trägst durch grelles denken
und dunkelheit – verkleidet als licht
und musik auf gelenken, friede, ohne krieg

 

 #reite den weg

liebes tagebuch, kriegsbuch, asbestbuch und schwefelbuch dampf-
schwadenbuch über panzerkarossen, das kind
rollt in den haufen fallobst. die botschaft auf seinem rücken
wird lesbar. neben mir sitzt die lampe, denn jedes
bescheidene ding ist ausgezogen. rette weiter! reite den weg
du flüsterst: wir treten den weg, wir malträtieren den weg
verschwinde weg, verschwinde phosphor, greller als wort
und idee. du flüsterst dem kind: dreh dich um, schöner stein°

 

DER AUTOR

Yevgeniy Breyger, geboren 1989, studierte an der Universität Hildesheim, am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Hochschule für Bildende Künste Städelschule in Frankfurt am Main. 2016 erschien sein Debütband flüchtige monde bei kookbooks. 2019 gewann er den Leonce-und-Lena-Preis der Stadt Darmstadt. Sein zweiter Gedichtband Gestohlene Luft ist 2020 bei kookbooks erschienen und wurde durch Stipendien des Deutschen Literaturfonds und des Herrenhauses Edenkoben gefördert. Er gewann den Lyrikpreis München 2021 und erhielt 2022 ein Stipendium der Deutschen Akademie Rom, Villa Massimo – Casa Baldi. Yevgeniy Breyger lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.

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