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Verena Stauffer. Ousia. Gedichte

Verena Stauffer. Ousia. Gedichte

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Wer hat gesehen und niemals berührt / Eine, die immer das Feuer geschürt / Ohne Hülle keine Haut, ohne Grenze kein Staub / Ohne Kapsel keine Frucht, Berührung als Raub

DAS BUCH

Das O von Ousia sei ein Kreis. Zeichen einer Periode, in welcher die Vorkommnisse, vor allem Kommen und Gehen, vielleicht reine Wiederkehr waren. Was ist nun mit den Vorkommen der Erde? Werden die Menschen je in ihr aufgehoben sein? Werden sie flüchten? Wer besitzt das glitzernde wieder und wieder sich selbst gebärende Öl, Wasser oder Gletscherland? Diese goldenen Schleifen Besitz. Die Besitzerin, dass ich nicht lache, verkauft sie als kringelnde Ornamente. So vieles entschlüpft der Mutter im Denken, Nahendes dreht ihre Kinder in unüberblickbare Ringe. Para dies, Flößerei, Der schwarze Fluss: Die Trias einer Flusslandschaft, die seit Jahrhunderten für die Gegend um das oberösterreichische Molln unterschiedlichste Bedeutung hatte. Vom Flößen der Stämme aus hintersten Gebirgen über den Antrieb großer Schaufelräder bis zur Abgrenzung des gesamten Verlaufs als Schutzgebiet, ein Beobachten und Nachdenken über Geheimnis und Kräfte des Fließens, über die Kindheitslandschaft hinaus. Tetsu-Sen, ein Zyklus über eine die Erde verlassende Gesellschaft, die auf eine andere Fläche übersetzt, hin zu einem anderen Ankommen, einem vielleicht völlig anderen Aufgehobensein. Hummingbird als ringförmiger Text, der sich von der Gewalt innerhalb einer Diktatur in ein Reich pflanzlicher Würde auflösen möchte, um dann wieder in brutalen Handlungen gegenüber sich frei fühlenden Frauen zu gefrieren. Nicht minder kaltblütig der chinesische Zauberer, der im Reigen Laterne der wechselnden Köpfe nach einem neuen Kopf für seine Ehefrau sucht, weil ihm der alte nicht mehr gefällt. Und alles Getrennte, das später wieder zusammenfinden will, zu Einem, einer vielleicht unveränderlichen Anwesenheit. Nennt es Ousia ‒ das in tausend Stücke zerbrochen und nun wieder zusammengesetzt wird.
‒ Verena Stauffer

Nominiert zum Österreichischen Buchpreis 2020


STIMMEN ZU VERENA STAUFFER

Mit Verena Stauffer geht der manuskripte-Förderungspreis an eine der außergewöhnlichsten Stimmen der österreichischen Gegenwartslyrik. In ihrer ebenso unverbrauchten wie unverwechselbaren Bildsprache verbindet sich Lebenserfahrung mit jugendlichem Freiheitsdrang – Stauffers Texte scheuen vor den „scharfen Schmerzen“, die ein umfassender Blick auf Glanz und Elend der menschlichen Existenz mit sich bringt, nicht zurück … Neben ihrer formalen Bandbreite ist auch die Unvorhersagbarkeit dieser Texte faszinierend. Nie weiß man beim Lesen, was auf der nächsten Seite, ja, im nächsten Vers, auf einen zukommt. Und immer wieder trifft es ins Schwarze. Ins Herz.
— aus der Jury-Begründung von Alfred Kolleritsch und Andreas Unterweger

Unter den abgedruckten Gedichten sind es Verena Stauffers Zyklus „Hummingbird“ und Ulrich Kochs abgründige Erkundungen einer unentrinnbaren Alltäglichkeit, die gleich auf Anhieb faszinieren. In Stauffers Zyklus „Hummingbird“, der im Titel auf den Suchalgorithmus von Google verweist, sind extrem gegensätzliche Affekte, assoziative Energien und Motivkreise in den Gedichten präsent. Er beginnt und endet mit Bildern des Hasses und der Destruktion, während in anderen Teilen des Zyklus ruckhaft an Wörtern entlangrollende Suchbewegungen in Gang gesetzt und Naturphänomene aufgerufen werden.
‒ Michael Braun


LESEPROBE

Ein stiller Frühling

Einer, in dem die Sonne nicht auf Vögel
nicht auf Hornissen –Ein Sommer ohne Zirpen
keine Staubsaugerhummeln, keine Hubschrauberlibellen
keine Heuschrecken auf Moostrampolinen

Baumskelette, die Menschen über Nacht fällten
für fette Feuer aus Wurzelstümpfen
Der Baum ist ein sauberer Baum geworden
Mistel-, pilz-, blattfrei

Sie liebt und hasst nicht
Sie ist ein sauberer Mensch geworden
Alles fällt, das All fällt. Ader
Der Apfel war einer, der fiel
Atlas wurde Gebirg
Wer trägt den Himmel jetzt?
4 cm entfernt sich der Mond. Jedes Jahr
Sie trägt das Brennholz. Jeden Tag
Es schiefert


Pergament

Aus Berghöhlen ragen kahle Bäume mit zu Skeletten
verwilderten Blattresten hervor, sie zittern. Manche Blätter
verwandeln sich über den Winter zu weißem Transparent.
Vielleicht mutierst auch du, Freundin, über den Winter
zu weißem Pergament.

Hier ist nichts zu fassen, nichts zu halten
Weiß jemand etwas über dieses Ziehen?
Denn was ohne Unterlass sich rührt, ist still.
Die Dauer und des Strömens Herkunft zu erfahren.
Dies Geheimnis eines verborgenen Reichs!
Zu ahnen, das Loslassen umfasst jeden.
Wird es eines Tages möglich sein, die
Erwartungen auf ein Bleiben abzuleiten?
Die einem jeden entwachsenden Leben:
Ihr Fliehen in diesem Sog. Einer zieht fort.
Einer bleibt zurück. Kein Widerhall.

Bleib, Freundin.
Bleib über alle Gestöber des Winters hinweg.
Lebe wie ich nur für die Schatten
die Bäume, Blätter und Wolken
auf Oberflächen zeichnen.
Lebe wie ich für das Spiel der Wellen
im leichten Auftrieb des Winds.


DIE AUTORIN

Verena Stauffer, geboren 1978 in Oberösterreich, studierte Philosophie an der Universität Wien. Sie veröffentlichte den Gedichtband Zitronen der Macht, hochroth 2014, den Roman Orchis, Kremayr & Scheriau 2018, und die Aufzeichnungen Geschlossene Gesellschaft, Frankfurter Verlagsanstalt 2021. Für ihre Arbeiten erhielt sie u.a. Projektstipendien des österreichischen Bundeskanzleramtes 2015/2016 und 2018/2019 sowie den manuskripte-Förderungspreis der Stadt Graz 2018. Verena Stauffer lebt in Wien.


Verena Stauffer, Ousia. Gedichte, Reihe Lyrik Band 70, 120 Seiten, Hardcover, gestaltet von Andreas Töpfer, ISBN 978-3-948336-04-2

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