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Ulf Stolterfoht. fachsprachen XLVI‒LIV. Gedichte

Ulf Stolterfoht. fachsprachen XLVI‒LIV. Gedichte

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ich begehre nicht, was ich bin, noch verlangt es mich über die maßen nach sinn.
 

DAS BUCH

Die sechste Lieferung der fachsprachen-Reihe umfasst die Gedichte 406‒486, und es wird einiges geboten in diesen 81 Texten, so zum Beispiel eine ethnografische Erkundung des Londoner East Ends; die erstmalige lyrische Überschreitung des Feistritzsattels (1286 m); Verbeugungen vor den Kolleg*innen Paulus Böhmer, C.D. Wright, Bertolt Brecht, Georg Trakl und Ron Padgett; eine ergebnisoffene Auseinandersetzung mit dem 10. Gebot; René Magritte, Nico, Joseph Brodsky, Helmut Haller u.v.a. haben Cameo-Auftritte, die Geschichte der Übersetzungstheorie wird genauso gewissenhaft durchgearbeitet wie die Bedeutung der adverbialen Bestimmung im Pennsylvania-Deutsch und beim frühen Bob Dylan. Als besonderer Höhepunkt dieses Bandes mag der Zweikampf Martin Walser vs. Peter Handke gelten. Endergebnis (Spoiler-Warnung!): ein knappes 5:4 für Peter Handke!
‒ Ulf Stolterfoht
 

STIMMEN ZU ULF STOLTERFOHT

Der Dichter betreibt hier so etwas wie die Renaturierung der künstlichen Idiome der Wissenschaften und in der neuen Lieferung insbesondere auch der literarischen Tradition. Die harten Regeln der Sinnzuweisung in den Sondersprachen unseres arbeitsteiligen Alltags setzen das weiche Naturgesetz eines ebenso ursprünglichen wie spontanen Einklangs voraus, der allen Reimschemata noch vorausliegt: die heilige Hochzeit von Olm und Molch.
‒ Patrick Bahners, FAZ

Wie kein Zweiter verknüpfte Stolterfoht mit seinem ersten „Fachsprachen“-Band aus dem Jahr 1998, von dem jetzt der fünfte vorliegt, Philosophie, Wissenschaft und Poesie. Vor allem Fragen der Logik und der Linguistik trieben ihn um, namentlich das Werk Gottlob Freges. Entstanden sind die „Fachsprachen“ zugleich aus dem Geist der lyrischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts, vom Dadaismus bis zu Oskar Pastior. Über die Jahre aber hat sich Ulf Stolterfoht von der engen Bindung an die komplexe „Fachsprache“ eines Gottlob Frege gelöst. Seine Gedichte sind (noch) spielerischer geworden und kreisen dabei immer wieder, auf stets sehr überraschende Weise, ums Schreiben selbst – ohne das von Christian Metz diagnostizierte „poetische Denken“ allzu ernst zu nehmen: „matsch, der sich am/ flachen ende eines denkens bildet – das sind wesentlich wir. stimmt doch, oder?“
Tobias Lehmkuhl, Süddeutsche Zeitung


LESEPROBE

20 botschaften an den knaben elis und ein paar andere

an den knaben elis: ein blaues tier wohnt tief in dir und blutet. und
blutet. böse häher trinken nachts aus deinen augenhöhlen. dir ist
das alles latte. schwül ist es hier, von deinen schläfen tropft seim.
und lattich wurzelt in den kutteln. über nacht bist du witwer gewor-
den. es ist dir schnulli. gottes wunderlichste gabe bist sicherlich du.

an den amerikanischen sänger elvis: wenn dich im wald der zeisig
beißt, dann will er dir was sagen. so dich aber in downtown mem-
phis der roadie rempelt, ist es für gespräche meistens zu spät. du
haust ihn feste mit der bibel, mit dem ewigen licht. du darfst das.
es ist 1955. es ist tennessee. und die stagehand bestenfalls ein wicht.

an einen cruiser in oberursel und die fünf engländer im mosel-eck: ihr
seid voll strull und werdet baldigst getunkt. schon passiert. dann macht
ein storch euch von verfall erzittern. da sagt der cruiser: ich bin lull. die
engländer sind schotten und etwa mittelgut drauf. da sagt der kellner: es
ist schluss. die gewerbliche frau wirft einen letzten euro in den rotamint.

an die amisch-leute alter ordnung in lagrange county, indiana: schnalle
ist eitel, verdeckte knopfleiste geil. morgens genießt ihr den pfannkuch
mit schmand, dann bereits bittet familie stoltzfus zum singekreis. basis
ist hierbei „der ausbund“, eine veritable kompilation. sodann spricht am-
mann über sich selbst den bann. zu spät: längst war die spaltung vollzogen.

an den knaben elis (2): lebt denn der alte holzmichl noch? nein, lebt nicht
mehr, ist tot. doch sein lied schreibt sich fort. allnächtlich erklingt es etwa
im „haus der schmerzen“, rudolstadt. dort bekommst du das saaleknie in die
niere für lau. für lau soll heißen: herrengedeck schwarzbacher hopfenperle
0,4 plus nordbrand gartenzwerg mit fassgeheimnis für gerade mal € 3,40!

(aus: pilsstube hansi gilgamesch)

 

DER AUTOR

Ulf Stolterfoht, geboren 1963 in Stuttgart, lebt als Lyriker und Übersetzer in Berlin. Seit 1986 Arbeit am auf neun Bände angelegten fachsprachen-Projekt. Zuletzt erschienen bei kookbooks fachsprachen XXXVII–XLV (2018) und neu-jerusalem (2015). Peter Huchel-Preis 2008 für holzrauch über heslach (2007). Ulf Stolterfoht ist Knappe der Lyrikknappschaft Schöneberg, Mitglied des Impro-Kollektivs DAS WEIBCHEN sowie der Darmstädter und der Berliner Akademie.

 

Ulf Stolterfoht, fachsprachen XLVI‒LIV, Reihe Lyrik Band 71, 104 Seiten, Softcover mit Posterumschlag, gestaltet von Andreas Töpfer, ISBN 978-3-948336-05-9

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