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Daniel Falb. Orchidee und Technofossil. Gedichte

Daniel Falb. Orchidee und Technofossil. Gedichte

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Dein Naturschutz des Archaikums ...
Dein Naturschutz des Mesozoikums ...
Dein Naturschutz der Zufalls-Inventarliste des Holozän-Museums


DAS BUCH

Orchidee und Technofossil versammelt vier lange Gedichte. Jedes davon ist ein ganzes Leben. Das ist heute ein Leben, das sich allein der industriellen Landwirtschaft und ihrem Haber-Bosch Prozess verdankt, nur als eines von 7,5 Milliarden überhaupt erscheinen kann, „unter der Haube / *aus Linnen*, / da“ (Svalbard Paem). Ein generationales Leben – voller Spermien und Eizellen –, das Schulden und Vermögen aufhäuft und vererbt, das die 1% der Reichen produziert und sich schuldig macht, ohne jemals angeklagt zu werden (Geber Quartett). Ein krebskrankes Leben, dessen wucherndes Fleisch von Algorithmen und Big Data der Spitzenmedizin und dessen Gehirn von den Wucherungen der neuen Faschismen durchsetzt ist (Kanker Quartett). Und es ist ein Leben, das wir als Glied einer generationalen Kette in der tiefen Vorgeschichte einer Zukunft führen, welche unser ökologisches und geologisches Erbe empfängt – die Technofossilien aus dem frühen Anthropozän (Chicxulub Paem). Wie der italienische Autor und Philosoph Franco „Bifo“ Berardi jüngst die Poesie als Mittel gegen die zerstörerische Macht der Finanzmärkte in Stellung brachte, so versteht Orchidee und Technofossil das Gedicht – „unter der Haube / *aus Linnen*, / da“ – als Hort und Brutstätte neuer Intuitionen und Widerstandsformen für die neue, geologische Zeit.
‒ Daniel Falb


STIMMEN ZU DANIEL FALB

Die eigene, unverwechselbare Stimme ist hier Teil eines „Wir‘, das in unpathetischen und spannenden Diskursen und mit überraschenden Sprachbildern Erd- und Menschheitsgeschichte neu bedenkt: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Falbs Gedichtzyklus sprengt alle traditionellen Erwartungen an Lyrik. Statt Metrum, Reim und Strophe regiert das mehrbezügliche assoziative Verknüpfen von prägnanten Bildern und Redeteilen. Das Gedicht als ein Ort reiner Möglichkeiten. In strömenden, tauchenden und steigenden Sprachbewegungen treibt Falb seinen Text Richtung Erkenntnisgewinn voran.
‒ Jury zum Kurt Sigel-Lyrikpreis 2016

Was in diesen Gedichten besichtigt werden soll, ist das Anthropozän, also jenes geologische Zeitalter, das mit unserer massiven globalen Aktivität und Vernetzung angebrochen ist und in dem wir durch die rücksichtslose Übersteuerung aller selbstregulierenden Systeme des Raumschiffs Erde (Buckminster Fuller) im beschleunigten Modus auf unsere eigene Auslöschung als Spezies zusteuern. Die Gedichte sind also aus einer Zukunft geschrieben, in der wir und die menschlichen Artefakte nur mehr Teil eines Stratums sind, das von kommenden Alien-Geologen besichtigt werden kann. Daher die Konglomeratstruktur der Gedichte, das wilde Nebeneinander von Fundstücken, die umfängliche Kontextarbeit benötigen, um als Gedichte gelesen werden zu können.
‒ Udo Kawasser, www.fixpoetry.com

Wie die Eisschollen auf Friedrichs Bild von der Verlorenen Illusion (Das Eismeer, 1823/4) schieben sich hier die Schichten übereinander und stellen Bezüge her, die das Material auf kaleidoskopische Art und Weise zu Suchbildern ordnet, deren Folgerichtigkeit in der Kontingenz liegt.
‒ Jan Kuhlbrodt, www.signaturen-magazin.de


LESEPROBE

[Auf]

an den Strand, an dem Die Schwimmende Schildkröte

ihre Eier vergräbt.

Dort ist das Loch im Sand, wo sie

ihre Eier vergräbt.

Dort reinigt sie ihr Gefieder,

atmet Luft sich

in den Magen

(Sprechen ist Essen).

Dort ist die Grabestelle

in Cis-Cary Fowlers

Gesicht,

neben dem Kreuz,

an der vertäfelten Wunde.

Dort ist der Ort, an dem der Marsrover

Curiosity stehen geblieben ist,

und an dem meine Neugier an ein Ende

gekommen ist,

an einem Ball mit ungesehener Höhlenmalerei.

Dort aber schlüpfst du,

und zeigst mir ungefragt

den Inhalt deines „Magens“

– er ist noch weiß

und leer –,

da sich Svalbard Paem,

dein Leben,

– Dir

übergibt.


DER AUTOR

Daniel Falb, geboren 1977 in Kassel, lebt in Berlin. Er veröffentlichte vier Gedichtbände, zuletzt CEK, kookbooks 2015, und Orchidee und Technofossil, kookbooks 2019. In Übersetzung erschienen Naturezas-mortas sociais, Portugiesisch‒Deutsch, Edition Sextante 2009, und New Zork, Niederländisch, Zegwerk 2014. Als philosophischer Autor arbeitet Falb zu Fragen der Geophilosophie, der kulturellen Evolution und der zeitgenössischen Poetik. Er war Kollaborateur der kollektiven Poetik Helm aus Phlox (mit A. Cotten, H. Jackson, S. Popp., M. Rinck), Merve 2011, in jüngerer Zeit erschien der Essay Anthropozän. Dichtung in der Gegenwartsgeologie, Verlagshaus Berlin 2015 und als Beitrag zur geophilosophischen Metaphysik die Abhandlung Geospekulationen. Metaphysik für die Erde im Anthropozän, Merve 2019. In der Corona-Pandemie 2020ff. hat Falb sich mit deren traumatischem Fallout beschäftigt und Ideen zu Global Health und Lebens-Form entwickelt: COVID und Lebensform, Merve 2021, zuletzt hat Falb zur Philosophie der Weltbevölkerung gearbeitet: Mystique der Weltbevölkerung, Merve 2022. 2023 erscheint sein fünfter Gedichtband Deutschland. Ein Weltmärchen (in leichter Sprache) bei kookbooks. Falbs Arbeit wurde mit zahlreichen Stipendien und Preisen gefördert, etwa mit dem Kurt Sigel-Lyrikpreis des PEN Zentrums Deutschland 2016 und einem Arbeitsstipendium des Berliner Senats 2021.

Daniel Falb, Orchidee und Technofossil. Gedichte, Reihe Lyrik Band 65, 136 Seiten, Klappenbroschur, gestaltet von Andreas Töpfer, ISBN 978-3-937445-98-4

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