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Reinhard Reich. shamen. ein rosenkranz

Reinhard Reich. shamen. ein rosenkranz

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im namen der patres und der soehne unfreiwillgen fleisches schaemn


DAS BUCH

Sprache kann eine Wirkmacht entfalten, der wir uns unterworfen fühlen, und zugleich die Möglichkeit eröffnen, uns mit ihrer Hilfe frei zu machen von Unterwerfung, Ohnmacht, Missbrauch. Indem wir diese zur Sprache bringen. Dafür braucht es kein Denunzieren, schon bloßes Benennen kann befreiend wirken. Im Benennen das Vorgefundene da sein lassen, um es im selben Atemzug abzulauschen, abzuklopfen nach Sollbruchstellen, Verwerfungen, Rissen. The crack is where the light gets in. Das Belichtete dahinter mag selbst sprachlos sein, hervorgeholt werden kann es durch solche Risse wiederum nur mit oder als Sprache, als eine womöglich ältere, abgelegte, verbannte, eingekapselte, einst verworfene, die sich gegen die herrschende Oberfläche nun in Stellung bringen lässt durch die Arbeit des Schrift-Stellens. Es ist eine Arbeit mit Sprache gegen Sprache, eine Arbeit am unausweichlichen Dilemma: Wir rufen ausgerechnet jene Instanz um Beistand an, in deren Namen wir missbraucht wurden und immer noch werden. Denn wir brauchen, wir missen, was uns schindet, was uns schändet. Eine vorgefundene, vorherrschende Macht, die uns von Kindheit an Sprache einflößt, einflüstert, eintrichtert, bis wir sie für unsere eigene, einzig sprechbare hielten. Im innigen Nachsprechen, im ständig innehaltenden Verstammeln können wir diese Sprache gegen sie gebrauchen. Im bewussten, nur scheinbar sinnlos kindlichen Nachplappern holen wir uns die Chance zurück, uns noch einmal zu erfinden, uns wiederzufinden. Wieder und wieder Worte zerstotternd mag es gelingen, uns Momente von Freisein wiederzuholen. Ohne der Sprache je zu entkommen. Solcherart ist mein Schreiben.
‒ Reinhard Reich


STIMMEN ZU REINHARD REICH

„shamen. ein rosenkranz“ führt uns hinein in eine dunkle Welt voller Gewalt, pervertierter Fürsorglichkeit und Ohnmacht. Die Eindringlichkeit und durchaus auch Penetranz, mit der das geschieht, lässt uns, ob wir wollen oder nicht, teilhaben an den hilflosen Gefühlen des leidenden Kinds und Erwachsenen, aber auch an seiner von „stottrnde[n] worte[n]“ getragenen Sehnsucht, einen helleren, einen viablen Weg aus dieser Düsternis herauszufinden.
‒ Stefan Hölscher, queer.de

Vom ersten Satz an fesselt er den Leser durch eine eindringliche, harte, von unerhörten Wort- und Zeilenbrüchen geprägte Sprache. Satzteile werden mitten im Wort abgebrochen, umgebogen und in komplizierten Schleifen und Assoziationen auf Abwege gebracht, ohne aber – und das ist das Überraschende – manieristisch zu wirken ... Das ist anstrengende Lesearbeit. Gleichzeitig wird man aber belohnt durch die unglaubliche Sogwirkung der Sprache, die auch bei mehrmaligem Lesen überraschende Details offenbart.
‒ Jury zum Literaturstipendium München

 
LESEPROBE

ich glaube aufs wort
dem pater
dem veraechtlichen
dem kroepfer des pimmels null beschwerde
und dann jedn kuss missn muss
darauf eingeschworen der sohn und sehr fern
gefangen dort im heiligen scheiss
erkoren fuer jungs von der frau mamaria
gelitten unter pontius bis pilatus
kreuzweis gefickt trotz besondrer begabung
tief abgestiegen im bereich der noten
jede dritte nacht aufgestanden obwohls verboten
abgefahren auf den pimmel
der itzt zurecht verrottet
dessn gemaecht liegt im grabe
s wort wird mir hochkommen
zu dichten ueber lebende und tote
ich brauchs aber eilig denn du weisst
die scheinheilge bestialsche kirche
gemein schafft die eilige
verjaehrung der suenden
steht aufn staender des fleisches
und das ewig dran kleben
schaemn

 

sprache
mamaria
war nicht da wem auch
konntn wirs nur stecken
gut reden hast du
nicht unsern frauen
und weder diktum noch duktus
faend sich tunlichst
bessres
nie uebrs fickn muss anspruch sein
ganz klar mamaria
war es schweigen
koalition von uns mit den suendern
nur wer hinhorcht da
hoert es fluestern
schaemn

 

hoell
als waer ich
schuldvolls wesn
ehrnwort wills deep deep
vrgessn waer gut
angst vorm erinnern
und vrgessn nicht getraut
dopplt die scham
will dass
es fuer uns bezeugt hier worden ist
hol ich nach hier
machs jetzt noch gut
red fuer uns children now
erkenns genauer
wo und wers
shamen

 

durch ihn und mit im m
und in ihm ist der hundsfott
allmaechtiger pater
mit der schweinerei des geilen fleisches
schwarze herrn in sicherheit und schwoeren
vrletzt wurd nie wer hier gscheit
schaemn

 

o mein gesuch
waer zeit uns nun zu verbuenden
verfahren zu fordern neuere quellen
ueber alle quaelerischen pimmel
besonders jene
die weiter harm n schmerz verbreitn
was keine menschn duerfen
amen


DER AUTOR

Reinhard Reich, geboren 1962, studierte Literaturwissenschaften und Journalismus in München, Freiburg und Moskau. Nach Tätigkeit als Journalist und Übersetzer aus dem Russischen arbeitet er heute als freier Autor und Literaturvermittler. Für seine Arbeiten erhielt er Stipendien der Stadt München und des Literarischen Colloquiums Berlin. Von 1976 bis 1981 war er Schüler am Benediktinergymnasium Internat Ettal. „shamen. ein rosenkranz“ ist Reinhard Reichs erster Lyrikband.

 

Reinhard Reich, shamen. ein rosenkranz. Gedichte, Reihe Lyrik Band 81, 88 Seiten, Softcover, gestaltet von Andreas Töpfer, ISBN 978-3-948336-17-2

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